Am 15. Mai 1898 wurde die Gründung der heutigen Musikgesellschaft beschlossen. An der Gründerversammlung erklärten sieben Mann den Eintritt, wobei als erster Präsident Jakob Baumgartner amtete. Als erster musikalischer Leiter wurde Alfred Schädeli aus Uetendorf verpflichtet, der ein vierteljährliches Gehalt von CHF40.- bezog und dafür wöchentlich zwei Proben und anfallende Anlässe zu leisten hatte. Dieser kleine Hinweis zeigt uns, wie ernst und gewissenhaft der Musikbetrieb in dieser Zeit genommen wurde.
In den folgenden Jahren erlebte der Verein viel Schönes und er entwickelte sich recht gut; aber auch von Stillstand und Rückschlägen blieb er nicht verschont. Während all der Jahre hat es immer wieder Männer gegeben, die treu zu ihrem Verein standen und den Hauptzweck des Vereins, die Pflege und Erhaltung der Volksmusik, nicht vergessen liessen. Der erste Dirigent, Alfred Schädeli, amtierte zwei Jahre lang, wonach ihn Johann Müller, ebenfalls aus Uetendorf, bis zum Jahre 1916 ablöste.
Am 7. Juli 1901 wurde der erste Ausflug auf den Napf unternommen und ein Jahr später fand das erste Konzert mit Theater statt. 1910 waren in der Musikgesellschaft bereits 18 Männer, die beschlossen, endlich ein einheitliches Tenue zu tragen, nämlich einen Filzhut mit Feder. Aber mit diesem Tenue waren sie nicht ganz zufrieden und so nahmen sie ein Jahr später die Gelegenheit wahr, die erste Uniform von der Musikgesellschaft Harmonie Steffisburg für CHF600.- zu erwerben.
Ein Meilenstein bildete sich 1916 mit der Verpflichtung des Aktivmitgliedes Friedrich Ramseier zum Dirigenten des Vereins. Ganze 38 Jahre führte er das musikalische Zepter mit grosser Hingabe und erst noch gratis. Nur wer so eine überaus grosse Liebe zur Musik im Herzen hat, ist zu einer solchen Leistung fähig. Er hat den Verein auf eine beachtliche Stufe gebracht, wofür er 1944 für seine unermüdliche Tätigkeit zum eidgenössischen Veteranen geehrt wurde. In seiner Dirigentenzeit von 1916 bis 1953 teilten sich zwölf Präsidenten die administrativen Arbeiten.
An Anlässen in dieser Zeit seien erwähnt: Gemeinsamer Ausflug mit der Musikgesellschaft Heimberg zu Fuss von Uttigen über Heimberg - Brenzikofen - Oberdiessbach - Kiesen und zurück. 1918 Gartenfest mit der Musikgesellschaft Heimberg in Uetendorf, 1920 Beitritt zum Amtsmusikverband Seftigen. 1923 war wieder ein reges Vereinsjahr, denn es wurde der Ankauf der ausgedienten Uniform der Stadtmusik Thun zum Preis von CHF1300.- beschlossen. Weiter konnte am 4. März das 25-jährige Jubiläum des Vereins gefeiert werden.
Gleichzeitig fand die Einweihung des ersten Vereinsbanners statt, welches CHF775.- kostete. Als Patensektion amtete die Musikgesellschaft Heimberg. Eineinhalb Monate später fand in Uttigen der erste Amtsmusiktag mit einer Beteiligung von fünf Sektionen statt. 1924 war der Beitritt zum Kantonal-Bernischen Musikverband beschlossen worden und ein Jahr später wurde das kantonale Musikfest in Thun besucht. Dort wurde der erste Rang in der vierten Kategorie erreicht. Der 22. Juni 1930 dürfte wiederum ein historisches Datum sein; wurde doch mit der Musikgesellschaft Heimberg der neue Fussgängersteg an der Eisenbahnbrücke über die Aare eingeweiht. Dabei war die Verbindung mit der Musikgesellschaft Heimberg, zu der seit Jahren eine enge Freundschaft bestanden hatte, direkter geworden. Abermals trat die Frage einer Neuuniformierung an den Verein heran. Unter der Leitung des damaligen Vereinspräsidenten, Gottfried Schneiter, Gemeindeschreiber in Uttigen, wurde in deinem Gemeinschaftswerk der Bevölkerung von Uttigen zugunsten der Neuuniformierung ein grosser Bazar mit Tombola durchgeführt. Alles, was gesunde Arme und Beine hatte, half mit. Der grosse Wurf gelang und es konnte der Firma Eggimann in Grosshöchstetten der Auftrag zur Anfertigung einer neuen, feldgrauen Uniform erteilt werden. Zur grossen Freude der Musikanten und der gesamten Bevölkerung konnte die schmucke Uniform im April 1932 eingeweiht werden.
Zwei Monate später durften die Musikanten in ihrer neuen Uniform als Paten die Fahnenweihe des Musikvereins Uetendorf miterleben. Im gleichen Jahr begab sich der Verein auf eine Reise auf die St. Petersinsel, wo offenbar auch dem Twanner die Ehre erwiesen wurde. Von einer Reiselust erfasst, wurde noch eine Reise an den Genfersee organisiert. Im Jahre 1938 fand sogar eine Reise ins benachbarte Ausland statt, nämlich nach Stresa, die den älteren Aktiven noch heute sehr angenehm in Erinnerung sein dürfte.
Am 9. August 1934 wurde Uttigen wieder mit der Durchführung des Amtsmusiktages beauftragt. Das Motto hiess "Uttigen einst und jetzt". Auch hier machte die ganze Bevölkerung mit Begeisterung mit. Galt es doch, unser Dorf mit der Burgruine darzustellen, wobei natürlich auch das Burgfräulein nicht fehlen durfte.
Im Jahre 1935 war Thun wiederum Festort des oberländischen Musikfestes, das von unserem Verein besucht wurde. Wer hätte damals gedacht, dass es für 13 Jahre das letzte grössere Fest sein sollte. Ein ruhigeres Vereinsleben kehrte deshalb ein, weil es von den Kriegsjahren überschattet wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Musikgesellschaft die freundschaftlichen Beziehungen mit den Schwesternsektionen der Nachbargemeinden Heimberg, Uetendorf und Seftigen über die Dorfgrenzen hinaus aufrechterhalten. An vielen schönen Anlässen haben sich diese Vereine gegenseitig unterstützt, haben Freuden wie Sorgen geteilt.
Im Nachkriegsjahr 1948 fiel die Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen der Musikgesellschaft auf den 15. August und bildete zugleich den Auftakt für weitere 25 Jahre reger Vereinstätigkeit. 1951 wurde wieder der Wunsch nach einer neuen Uniform wach. Noch im gleichen Jahr konnte die alte Uniform für CHF1200.- an die Musikgesellschaft Heitenried verkauft werden. Ein im nächsten Jahr durchgeführter Bazar war ein grosser Erfolg. Bereits zwei Monate später konnte die von der schweizerischen Uniformenfabrik angefertigte Uniform eingeweiht werden. Da der Regengott an diesem Tag schlechter Laune war, wurde sie gerade noch getauft. Eine Reise zum Trübsee 1953 war ein wenig Lohn für die im Vorjahr geleistete Arbeit.
Im Jahre 1954 war noch möglich, was heute fast nicht mehr durchführbar ist; Mit klingendem Spiel zog man zum Musiktag nach Seftigen auf Schusters Rappen. Der 5. Dezember 1954 war ein schwarzer Tag für den Verein, verlor er doch den Dirigenten Fritz Ramseier. Das Herz eines Mannes, dessen grosse Liebe die Blasmusik war, hatte zu schlagen aufgehört. Wie gross die Lücke auch in finanzieller Hinsicht war, merkte man erst recht, als es galt, einen neuen Dirigenten zu suchen. Idealisten, deren Honorar aus einem Früchtekorb oder ein paar Franken Spesen bestand, existierten nicht mehr. Werner Zumbach aus Gurzelen trat die Nachfolge als Dirigent für ein Jahr an. Ernst Riem für drei Jahre und ein weiteres Jahr Ernst Ramseier aus Ostermundigen. Die nachfolgenden zehn Jahre betreute Ernst Ryser aus Rüfenacht, womit sich die Musikgesellschaft wieder aus dem Tief erholte.
Im März 1961 war Uttigen die erste Musikgesellschaft im Amt Seftigen, welche zwei Frauen in den Verein aufnahmen. Im gleichen Jahr wurde Adolf Ramseier zum Ehrenpräsidenten ernannt. Eine weitere finanzielle Belastung stand vor der Türe, denn die Instrumente versagten langsam ihren Dienst und verursachten hohe Reparaturkosten. Ein weiterer Bazar wurde zu Gunsten der Neuinstrumentierung im Jahre 1963 durchgeführt. Patensektion bei der Instrumenteneinweihung war der Musikverein Uetendorf.
Bestens ausgerüstet mit ihren neuen Instrumenten nahm die Musikgesellschaft am Eidgenössischen Musikfest in Aarau teil. Mit einem "vorzüglich" in der Marschmusik und einem "sehr gut" für das Wettstück konnte man sich sehen lassen. Es war aber auch der Ansporn, am Kantonal-Bernischen Musikfest in Interlaken teilzunehmen. In beiden Sparten wurde die Note "vorzüglich" erreicht und liess damit alle Musikantenherzen höher schlagen.
Am 30. Juni 1973 feierte die Musikgesellschaft ihr 75-jähriges Bestehen. In der gemieteten Festhütte und in neuer beige-brauner Uniform wurde so richtig sorgenlos gefeiert. Als Gastsektionen wirkten die Musikgesellschaften von Heimberg, Uetendorf, Seftigen und Gurzelen mit. In den nächsten Jahren leiteten verschiedene Dirigenten die Musikgesellschaft und in dieser Zeit fanden keine Teilnahmen an irgendwelchen Musikwettbewerben statt.
1982 verpflichtete sich Beat Aberegg den Taktstock zu übernehmen. Nach gut zwölf Jahren realisierte man wieder einmal eine Teilnahme an einem Eidgenössischen Musikfest. Dazu brauchte es aber noch neue Instrumente, um konkurrenzfähig mitspielen zu können. Zum Teil wurden neue Instrumente angeschafft. Im Juni 1986 reiste die Musik für zwei Tage nach Winterthur. Nebst dem 1. Rang in der Marschmusik erlebten wir dort nach vielen Jahren ein unvergessliches Musikfest.
Im gleichen Jahr wurden die Instrumente an einem dreitägigen Fest noch feierlich der Bevölkerung vorgestellt. Zur Unterhaltung spielten die Paldauer im Festzelt und die Zuschauer kamen in Scharen nach Uttigen. Mit dem Eintrittsgeld, einer grossen Tombola und dem grosszügigen Spendengeld konnten die Instrumente finanziert werden. In diesen Jahren erlebte die Musikgesellschaft einen personellen Aufschwung und man dachte 1991 daran, an einem weiteren Eidgenössischen Musikfest teilzunehmen. Nach seriös vorbereiteten Musikproben wurde für drei Tage Lugano Wirklichkeit.
Die Teilnahme am Kantonalen Musikfest von 1994 in Thun kam nur zustande, weil an diesem Wettbewerb erstmals in der Sparte Unterhaltung gespielt werden konnte. Mit 20 Minuten Unterhaltungsmusik nach freier Wahl und diversen Show-Einlagen konnten die Musikanten dazu motiviert werden, an diesem Wettbewerb mitzumachen.
Da die Mitgliederzahl inzwischen auf 45 angestiegen war und der Platz im Schulzimmer im alten Schulhaus kleiner wurde, drängte sich der Wunsch nach einem grösseren, ja sogar nach einem eigenen Probelokal immer mehr auf. Mit dem Bau der Rollsporthalle "Grüeneblätz" wurde ein Traum Wirklichkeit und die Musikgesellschaft wurde 1995 stolzer Besitzer von einem eigenen Probelokal.
Inzwischen war auch die Uniform wieder 20 Jahre alt geworden. Dank grosszügigen Spenden von der Gemeinde sowie aus der Bevölkerung konnte im gleichen Jahr von der Firma Truns eine moderne Einheitsbekleidung für ca. CHF90'000.- gekauft werden. Mit grossem Aufwand für die Organisatoren und Helfer, auch aus anderen Vereinen und dem Dorf, wurde die neue Uniform im August 1995 in der Rollsporthalle "Grüeneblätz" eingeweiht. Mit der Teilnahme am Amtsmusiktag im Juni 1996 in Mühleturnen und im September auf eine Einladung hin am Winzerumzug in Erlach am Bielersee, dürfen wir auf eine fast 100-jährige, stolze und erfolgreiche Musikgesellschaft zurück blicken.
Auch in Zukunft wollen wir Jungbläser ausbilden und ihnen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anbieten sowie mit vielen Konzerten der Öffentlichkeit zu spüren geben, dass Blasmusik etwas Wunderbares ist und bleiben wird.
Anlässe:
Neben den Proben finden jährlich rund 25-30 verschiedene Anlässe statt. Viele davon werden im eigenen Dorf durchgeführt. Zum Beispiel Jubiläumsfeiern der verschiedenen Vereine, 1. August-Feier, Feldschiessen, Abholen der Vereine von Eidgenössischen Festen, oder der traditionelle Uttig-Cher (Früher Kienersrüticher im Nachbardorf).
Auftritte:
Mit dem Passivkonzert und Theater im November pflegen wir den Kontakt zur Dorfbevölkerung, zur Gemeindebehörde und zu unseren treuen Passivmitgliedern. Zudem bringen wir den 80, 90 und 100-jährigen Dorfbewohnern mit einem Geburtstagsständchen eine Abwechslung in ihren Alltag. Dabei haben wir schon viele feucht-fröhliche Feste miterlebt. Ein alter Einheimischer sagte einmal: "Uttigen ohne Dorfmusik wäre wie Rom ohne den Papst".
Eidgenössische und Kantonale Musikfest-Besuche
Bereits in früheren Jahren nahm die Musikgesellschaft Uttigen an Eidgenössischen und Kantonalen Musikfesten teil. Aus der jüngeren Vergangenheit können folgende Fest-Teilnahmen erwähnt werden:
1986 Eidgenössisches Musikfest, Winterthur
1991 Eidgenössisches Musikfest, Lugano
1994 Bernisch Kantonal-Musikfest, Thun
2001 Eidgenössisches Musikfest, Freiburg
Musikgesellschaft Uttigen im Fernsehen
Mit ihrer Mitwirkung in der Fernsehsendung "Donnschtig-Jass" vom 2. Juli 1992 kam die Musikgesellschaft Uttigen zu ihrem ersten Auftritt im Schweizer Fernsehen DRS - heute SRF.
Vielseitiges Repertoire
Die Musikgesellschaft Uttigen ist bestrebt, ein möglichst breitgefächertes Repertoire zu besitzen: von Ständchen-Musik (Marsch, Polka, Walzer) über Klassik bis hin zu moderner Unterhaltungsmusik.
Der Probenbetrieb
Die Gesamtproben der Musikgesellschaft Uttigen finden am Donnerstag, 20:00 bis 22:00Uhr, im Übungslokal "Grüeneblätz" in Uttigen statt. Allfällige Spezial- und Registerproben werden am Dienstag abgehalten.
Kandidaten beider Geschlechter, die das 15. Altersjahr zurückgelegt haben und über genügend musikalische Fähigkeiten verfügen, dürfen am Donnerstag an den Gesamtproben teilnehmen.
Leicht überarbeiteter und ergänzter Auszug aus der Festschrift vom August 1998